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Kirchensteuer auf Veräußerungsgewinne?Es ist nicht sachlich unbillig, wenn eine Kirchensteuer auch insoweit erhoben wird, als sie auf der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen und Übergangsgewinnen beruht. Hintergrund: Bei der Kirchensteuer handelt sich um Geldleistungen, die von den - als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten - Religionsgemeinschaften aufgrund landesrechtlicher Kirchensteuergesetze von ihren Mitgliedern erhoben werden. Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer vom Einkommen bildet die Einkommen- bzw. die Lohnsteuer. Das hat zur Folge, dass sich die Regelungen für die Bemessung der Einkommensteuer auch auf die Kirchensteuer auswirken. Die grundsätzliche Abhängigkeit der Kirchensteuer von der Einkommensteuer wurde allerdings im Streitfall von einem kirchensteuerpflichtigen Ehepaar in Frage gestellt. Der römisch-katholische Ehemann (A) und seine evangelische Ehefrau (B) wurden für das Streitjahr (2005) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. A hatte im Streitjahr u.a. seinen Anteil an einer GbR veräußert, deren Einkünfte gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt worden waren. Dabei hatte er einen Übergangsgewinn in H. v. 275 911 € und einen Veräußerungsgewinn in H. v. 72 037 € erzielt. Das Finanzamt hatte gegen A und B unter Ansatz dieser Gewinne Einkommensteuer für das Streitjahr in H. v. 208 337 € festgesetzt. Außerdem wurden A und B auf dieser Grundlage zur Kirchensteuer veranlagt. Die Eheleute beantragten bei den zuständigen kirchlichen Stellen jeweils den hälftigen Erlass der auf den Übergangs- und Veräußerungsgewinn entfallenden Kirchensteuer. Darauf gewährte zwar das Generalvikariat des Bistums Aachen einen entsprechenden Erlass für A. Die für B zuständige evangelische Kirchengemeinde lehnte dagegen einen Erlass für B ab, obwohl nahezu alle übrigen evangelischen Gemeinden in der Umgebung einen solchen Erlass bei Veräußerungsgewinnen grundsätzlich gewährten. Einspruch, Klage und Revision der B hatten keinen Erfolg. Entscheidung des BFH: Die Rechtsgrundlagen für die Entscheidung über den Erlaßantrag finden sich in den Vorschriften der AO, auf die das im Streitfall einschlägige Kirchensteuergesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (KiStG NW) verweist. Hiernach kann die kirchensteuerberechtigte Körperschaft - im Streitfall also die Kirchengemeinde, der B angehört – über einen gem. § 227 AO zulässigen Steuererlass nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Diese Entscheidung darf vom Finanzgericht nur in den von § 102 FGO gezogenen Grenzen (also nur im Hinblick auf Ermessensüberschreitung und Ermessensfehlgebrauch) überprüft werden. Voraussetzung für einen Erlass ist, dass die Erhebung der Steuer „unbillig“ ist (§ 227 AO). Im Streitfall hielt der BFH eine sachliche Unbilligkeit der Steuererhebung nicht für gegeben, auch wenn die Festsetzung der Kirchensteuer an ein zu versteuerndes Einkommen anknüpft, in dessen Bemessung Gewinne des A aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (Veräußerungsgewinn) sowie aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart (Übergangsgewinn) eingegangen sind. Da die Bemessung der Kirchensteuer an die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer anknüpft (§ 4 Abs. 2 KiStG NW), haben sowohl der Landesgesetzgeber als auch die zuständige kirchliche Stelle in Kauf genommen, dass Besonderheiten bei der Bemessung der Einkommensteuer auf die Bemessung der Kirchensteuer durchschlagen. Das gilt namentlich im Hinblick auf Veräußerungsgewinne und auf Gewinne, die durch einen Wechsel der Gewinnermittlungsart entstehen. – Auch die Empfehlung der Landeskirche, „in allen Fällen der Tarifvergünstigungen nach § 34 EStG die Kirchensteuer auf Antrag um die Hälfte zu reduzieren“ ändert daran nichts. Nach Ansicht des BFH hat es sich dabei lediglich um eine „kirchenpolitische Äußerung ohne bindenden Charakter“ gehandelt. Urteil v. 1.7.2009, I R 81/08, veröffentlicht am 7.10.2009 | ![]() | |||||||||||||||||||||||