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Beteiligung einer Freiberufler-Kapitalgesellschaft "färbt ab" (BFH)

Beteiligt sich eine Freiberufler-Kapitalgesellschaft mitunternehmerisch an einer Freiberufler-Personengesellschaft, so erzielt die Personengesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte.

Hintergrund:

Der Streit betraf eine Rechtsanwalts-Sozietät in der Rechtsform einer GbR, an der bis zum 31.12.1994 die Rechtsanwälte A, B, C und D als Gesellschafter beteiligt waren. Mit Wirkung zum 1.1.1995 veräußerten A und B ihre Gesellschaftsanteile an die E-GmbH, deren Gesellschafter bzw. Geschäftsführer ausschließlich Rechtsanwälte und Steuerberater waren. Ab 1.1.1995 waren an der GbR die E-GmbH zu 79 %, C zu 20 % und D zu 1 % beteiligt. Die GbR erklärte für die Streitjahre 1995 bis 1998 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). - Das Finanzamt (FA) hielt die GbR wegen der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft für gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 2 GewStG).

Entscheidung des BFH:

Der BFH ist– entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung – ebenfalls der Auffassung des FA. Danach entfaltet eine Personengesellschaft nur dann eine freiberufliche Tätigkeit i. S. von § 18 EStG, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufes erfüllen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nicht von der Personengesellschaft, sondern müssen von den Gesellschaftern erfüllt werden; deren persönliche Berufsqualifikation und Tätigkeit sind entscheidend. Erfüllt einer der Gesellschafter diese Voraussetzungen nicht, weil seine Tätigkeit gewerblicher Natur ist, so kommt es zu einer Umqualifizierung; die Beteiligung des gewerblich tätigen Gesellschafters „färbt ab“. In einem solchen Fall erzielen alle Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). - Der Beteiligung eines Berufsfremden ist die mitunternehmerische Beteiligung einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt. Denn eine Kapitalgesellschaft – wie im Streitfall die GmbH - erzielt in vollem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG). Sie kann keine freiberufliche Einkünfte beziehen, selbst wenn sie durch ihre Organe, insbesondere durch ihre(n) Geschäftsführer, der Art nach ausschließlich freiberuflich tätig ist und sowohl diese als auch sämtliche Gesellschafter die persönliche Qualifikation für eine freiberufliche Tätigkeit besitzen. - Im Streitfall hatte die GmbH die zur „Abfärbewirkung“ nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 EStG erforderliche Stellung eines Mitunternehmers. Denn die E-GmbH war ausweislich des Kaufvertrags vom 15.12.1994 durch den Erwerb der Mitunternehmeranteile von den vormaligen Gesellschaftern A und B uneingeschränkt in deren Rechtsstellung eingetreten - und zwar insbesondere in deren Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie in deren Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte und in deren Haftungsrisiko; es handelte sich also nicht um eine bloße Innengesellschaft.

Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer und der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (hierzu näher: Schmidt/Wacker, EStG, 27. Aufl., § 18 Rz.4) werden vom BFH nicht geteilt. Er hält angesichts seiner verfassungsgerichtlich bestätigten Rechtsprechung eine erneute grundsätzliche Überprüfung nicht für geboten.