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Die steuerlichen Folgen der KoalitionsvereinbarungenUnion und SPD haben sich im Rahmen der Koalitionsvereinbarungen auf einen umfangreichen Maßnahmenkatalog geeinigt. Die darin enthaltenen steuerlichen Änderungen sollen teils bereits zum 1.1.2006, teils erst 2007 und 2008 in Kraft treten. Der Zeitplan für die Umsetzung ist knapp: es ist offen, ob es noch vor Weihnachten zu Gesetzesbeschlüssen kommen wird. Auch eine Verabschiedung Anfang des nächsten Jahres mit Rückwirkung zum 1.1.2006 ist möglich. Noch keine Gesetzesbeschlüsse Im Koalitionsvertrag (anbei zum Download) sind viele der geplanten steuerlichen Maßnahmen nicht im Einzelnen aufgeführt. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen haben sich Union und SPD dennoch bereits auf zahlreiche Einzelmaßnahmen geeinigt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens können diese geplanten Neuregelungen jedoch noch modifiziert werden. Enger Zeitplan für Verabschiedung der Änderungen zum 1.1.2006 Die letzte Sitzung des Bundesrates findet am 16.12.2005 statt. Es ist möglich, dass bis dahin nicht alle Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht werden können. Zumindest einige Gesetzesbeschlüsse könnten daher auch erst Anfang des nächsten Jahres mit Wirkung zum 1.1.2006 verabschiedet werden. Zumindest die entsprechenden Kabinettsbeschlüsse sollen aber noch vor dem 31.12.2005 veröffentlicht werden. Die geplanten Änderungen im Überblick Der folgende Beitrag stellt die wichtigsten steuerlichen Aspekte des Koalitionsvertrags dar. Er geht ebenfalls auf die nicht im Koalitionsvertrag enthaltenen, aber im Rahmen der Koalitionsverhandlungen vereinbarten Regelungen ein. Dies betrifft insbesondere den Abbau von Steuervergünstigungen. Steuerliche Aspekte des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD (Von Diplom-Finanzwirt Michael Seifert, Steuerberater, Troisdorf). Am 11. November 2005 haben CDU, CSU und SPD einen Koalitionsvertrag vereinbart. Er soll einen Dreiklang aus Sanieren, Reformieren und Investieren bewirken. Das Steuerrecht soll vereinfacht und international wettbewerbsfähig gestaltet werden. Gegen Steuermissbrauch wird verstärkt vorgegangen. Dieser enthält zahlreiche steuerliche Neuerungen, die nachfolgend zusammengefasst dargestellt werden. Wiederbelebung der Investitionstätigkeit Die Senkung der Einkommensteuersätze der letzten Jahre hat zwar die Erträge mancher Unternehmen und deren Investitionsfähigkeit gesteigert. Die höhere Ertragskraft hat allerdings nicht zu höherer Inlandsnachfrage geführt. Eine größere Investitionsfähigkeit soll zu einer verbesserten Investitionsfähigkeit und -tätigkeit führen. Auch wird für den internationalen Vergleich eine deutlich bessere Abschreibungsbedingung benötigt. Bis zum Inkrafttreten einer Unternehmenssteuerreform am 1. 1. 2008 werden für die Jahre 2006 und 2007 günstigere Abschreibungsbedingungen geschaffen. Dies soll die Investitionstätigkeit verstärken und wird als dringlicher als niedrigere Steuersätze angesehen. Inhaltlich sollen die Abschreibungsbedingungen denen vor dem 1. Januar 2000 entsprechen. Es soll zu den früheren Nutzungsdauern übergegangen werden. Ferner soll die degressive Abschreibung wiederum maximal 30 % betragen. Ob auch die früher geltende Vereinfachungsregelung, wonach bei einer Investition im ersten Halbjahr für das gesamte Halbjahr eine Abschreibung vorgenommen werden kann, wieder eingeführt wird, bleibt unklar. Günstigere Bedingungen für Handwerk und Mittelstand Private Aufwendungen für Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Haushalt sollen von der zu zahlenden Einkommensteuer begrenzt abziehbar sein. Ferner sollen nächstes Jahr haushaltsnahe Dienstleistungen und Kinderbetreuungskosten stärker als bislang steuerlich gefördert werden. Die Förderung soll sich auf die Arbeitskosten beschränken und dadurch die arbeitsintensiven Dienstleistungen fördern sowie die Schwarzarbeit bekämpfen. Bürokratieabbau Die neue Bundesregierung will als Sofortmaßnahme ein Artikelgesetz („small-company-act“) zum Bürokratieabbau verabschieden. Vordringlich sind dabei der Abbau von Statistik-, Nachweis-, Dokumentations- und Buchführungspflichten, Vereinheitlichung von Schwellenwerten zum Beispiel im Bilanz- und Steuerrecht. Unternehmenssteuerreform Zum 1.1.2008 soll eine Unternehmenssteuer in Kraft treten. Dies habe angesichts des internationalen Wettbewerbsdrucks Priorität. Die Reform muss sowohl Körperschaften als auch Personengesellschaften erfassen. In diesem Zusammenhang werden Neuregelungen der Besteuerung von Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgewinnen realisiert. Begleitend zur geplanten strukturellen Reform der Unternehmensbesteuerung wird eine Neuformulierung des Einkommensteuergesetzes angestrebt. Kommunalfinanzen Es wird eine Fortentwicklung der Gewerbesteuer im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Fortentwicklung der Unternehmensbesteuerung erwogen. Die Grundsteuer soll mit dem Ziel der Vereinfachung neu geregelt werden. Umsatzsteuer Der reguläre Umsatzsteuersatz von bislang 16 Prozent wird im Jahr 2007 auf 19 Prozent steigen. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent bleibt jedoch unverändert. Zur Verbesserung der Liquidität von kleinen und mittleren Unternehmen soll die Umsatzgrenze für die Ist-Besteuerung angehoben werden. In den neuen Bundesländern wird die bisherige Ist-Besteuerung über das Jahr 2006 hinaus fortgeführt. In den alten Bundesländern wird die Umsatzgrenze für die Ist-Besteuerung bereits ab dem Jahr 2006 von 125.000 EUR auf 250.000 EUR verdoppelt. Der Umsatzsteuerbetrug soll verstärkt bekämpft werden. Administrative Möglichkeiten sollen ausgeschöpft werden. Auf europäischer Ebene will sich die neue Regierung für eine Umstellung des Umsatzsteuersystems auf das „reverse-charge-Modell“ einsetzen. Reichensteuer Die neue Koalition will an der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und am linear-progressiven Einkommensteuertarif festhalten. Ab dem 1. Januar 2007 soll es eine Erhöhung der privaten Einkommensteuer für besonders hohe Einkommen (über 250.000 EUR / 500.000 EUR bei Einzelveranlagung / Zusammenveranlagung) geben. Für Einkünfte über dieser Höhe gilt dann der Spitzensteuersatz von 45 Prozent. Nach Inkrafttreten einer Unternehmenssteuerreform zum 1. Januar 2008 betrifft dieser Zuschlag nur die nichtgewerblichen Einkünfte. Für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 werden die gewerblichen Einkünfte durch ein Übergangsgesetz von dieser Regelung ausgenommen. Fraglich ist, ob die Reichensteuer bereits ab 2007 auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus Land- und Forstwirtschaft (keine gewerblichen Einkünfte) zur Anwendung kommt. Abbau von Steuervergünstigungen Zum 1. Januar 2007 soll es zu einem Abbau von Steuervergünstigungen und der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage kommen. Hierdurch werden Entlastungen des Bundes von ca. 4 Mrd. EUR erwartet. Steuervereinfachungen Bereits zum 1. Januar 2006 sollen Steuervereinfachungen verabschiedet werden. Ausnahmetatbestände sollen reduziert und durch Typisierungen und Pauschalierungen das Besteuerungsverfahren modernisieren und Bürokratie abbauen. · Das Spendenrecht soll einfacher, übersichtlicher und praktikabler gestaltet werden. · Die Steuerfreiheit der Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge soll in der Weise eingeschränkt werden, dass die Sozialversicherungsfreiheit der Zuschläge auf einen Grundstundenlohn von bis zu 25 EUR beschränkt wird. · Vorhandene Steuerquellen sollen besser ausgeschöpft werden und Besteuerungsrechte entschlossener durchgesetzt werden. Der Steuervollzug soll effektiver und effizienter gestaltet werden. Weitere, konkrete Aussagen zur Steuervereinfachung und zur Abschaffung von Ausnahmetatbeständen enthält der Koalitionsvertrag nicht. Zur Diskussion stehen aber: · Abschaffung des Sonderausgabenabzugs von Steuerberaterrechnungen. Dies soll bereits ab 2006 gelten. Der Werbungskostenabzug und der Betriebsausgabenabzug sollen jedoch hiervon nicht betroffen sein. · Schulgeldzahlungen an staatlich anerkannte Schulen sollen nicht mehr abziehbar sein (bislang 30 Prozent der Aufwendungen) · Veränderungen bei der LIFO-Methode · Steuerliche Abschaffung der Jubiläumsrückstellungen; Auflösung über 3 Jahre für gebildete Rückstellungen bereits ab 2006 · Einschränkungen bei der Abzugsfähigkeit von Geschenkeaufwendungen und Bewirtungskosten · Wegfall des Freibetrags für Abfindungen wegen Auflösung des Dienstverhältnisses bereits ab 2006 · Wegfall der Steuerbefreiung bei Übungsleitern von gegenwärtig 1.848 EUR bereits ab 2006 · Abschaffung der Steuerfreiheit von Heirats- und Geburtsbeihilfen des Arbeitgebers bereits ab 2006 · Aufhebung der Steuerbefreiung für Auslandszuschläge · Zur Diskussion steht auch die Erhöhung der Dienst- und Geschäftswagenbesteuerung (z. B. von bislang 1 Prozent des inländischen Listenpreises auf 1,5 Prozent). Es kann sich dann die Führung eines Fahrtenbuchs ab 1. Januar 2006 anbieten. · Eine zeitweise diskutierte Erhöhung des allgemeinen Arbeitnehmerpauschbetrags von bislang 920 EUR auf 1.100 EUR wurde aufgegeben. Die Entfernungspauschale wird erst ab dem 21. Kilometer mit 0,30 EUR ab 2007 gewährt. Offen ist, ob Aufwand für öffentliche Verkehrsmittel weiterhin abziehbar ist, selbst wenn sich diese Kosten auf die ersten 20. Entfernungskilometer beziehen. · Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sollen nur noch in Ausnahmefällen abziehbar sein, nämlich wenn dort der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit liegt. · Abschaffung der Steuerfreiheit von Vermögensbeteiligungen (§ 19a EStG) · Vereinfachungen des steuerlichen Reisekostenrechts · Abschaffung der degressiven Gebäudeabschreibung für Mietwohngebäude bereits ab 2006. Maßgebend dürfte der Zeitpunkt der Bauantragstellung noch in 2005 sein, um die bisherigen Regelungen zu sichern · Reduzierung des Sparerfreibetrags von 1.500 EUR auf 750 EUR (Ehegatten: von 3.000 EUR auf 1.500 EUR) je Veranlagungsjahr ab 2007. · Steuerpflicht von privaten Veräußerungsgewinnen bei vermieteten Immobilien und Wertpapieren. Die Spekulationsfristen von einem bzw. zehn Jahren soll ab 1. Januar 2007 nicht mehr existieren. Ein Gesetzesentwurf zu diesen geplanten Maßnahmen liegt noch nicht vor. Steuererklärungen / Steuerveranlagung Der Bund wird zur Senkung des Steuererklärungs- und des Steuerveranlagungsaufwands mit den Ländern einen konsequenten Ausbau der elektronischen Datenübermittlung und der Datenverarbeitung realisieren. Bei Arbeitnehmern soll die Abgabe einer Steuererklärung gänzlich überflüssig werden (vorausgefüllte Steuererklärung). Abschaffung der Steuerklassen Statt der bisherigen Steuerklassen wird ein Anteilssystem eingeführt, mit dem jeder Ehegatte künftig soviel Lohnsteuer zahlt, wie es seinem Anteil am gemeinsamen Bruttolohn entspricht. Das Anteilsverfahren verwirklicht neben seiner familien- und gleichstellungspolitischen Zielrichtung auch eine erhebliche Steuervereinfachung für verheiratete Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Die bisherige Steuerklassenwahl entfällt. Es passt sich in das neue elektronische Lohnsteuerverfahren ein. Auf Pflichtveranlagungen kann künftig verzichtet werden. Aus Sicht des Staates positiv: Steuern werden früher als bisher vereinnahmt, was offensichtlich auch das Ziel dieser Veränderung ist. Wagniskapital Die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Anlage von Vermögen in Wagniskapital soll attraktiver gestaltet werden. Nachteilig wirkt sich bislang insbesondere die steuerliche Verlustverrechnungsbeschränkung für mittelständische Technologieunternehmen aus sowie die Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze bei Beteiligung auf 1 Prozent (§ 17 EStG). Hier soll die Gesetzgebung mit Veränderungen ansetzen. Eigenheimzulage Die Eigenheimzulage wird zum 1. Januar 2006 abgeschafft. Das selbst genutzte Wohneigentum soll zum 1. Januar 2007 besser in die geförderte Altersversorgung integriert werden. Erbschaft- und Schenkungsteuer Mit einer Änderung des Erbschaftsteuergesetzes sollen Unternehmensfortführungen erleichtert werden. Hiermit ist spätestens zum 1. Januar 2007 zu rechnen. Für jedes Jahr der Unternehmensfortführung soll zum Erhalt der Arbeitsplätze die auf das übertragende Unternehmen entfallende Erbschaftsteuerschuld reduziert werden. Sie entfällt ganz, wenn das Unternehmen mindestens zehn Jahre nach Übergabe fortgeführt wird. Abgabenordnung Die Buchführungsgrenze des § 141 AO soll von bislang 350.000 EUR auf 500.000 EUR erhöht werden. Es bleibt zu hoffen, dass auch die Gewinngrenze von bislang 30.000 EUR auf 50.000 EUR angehoben wird. Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Schattenwirtschaft soll konsequent und mit Nachdruck geahndet werden. Die Arbeit der Taskforce Dienstleistungsmissbrauch unter gemeinsamer Führung von BMF und BMA wird fortgesetzt. Der Zoll (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) soll seine Kontrollen verstärken. Europapolitik Steuerdumping in der EU, mit Anreizen zu Verlagerungsinvestitionen aus Deutschland hinaus, soll nicht mehr zugelassen werden. Mitgliedsstaaten, die gemessen an ihrer Wirtschaftskraft bei den Unternehmenssteuern eine Mindestquote unterschreiten, sollen die EU-Regionalfördermittel gekürzt werden. Die neue Koalition will sich dafür einsetzen, dass bei der Besteuerung nach der EU-Zinsrichtlinie bestehende Lücken bei der Erfassung von Kapitalerträgen geschlossen werden. Wegen der zunehmenden Bedeutung des EuGH in Steuersachen wird die neue Bundesregierung, soweit erforderlich, Normen des deutschen Steuerrechts verteidigen, um die bislang erreichten Grundsätze des internationalen Steuerrechts zu wahren und damit schwerwiegende finanzielle Auswirkungen auf den nationalen Haushalt zu vermeiden. Lohnzusatzkosten Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung soll zum 1. Januar 2007 von 6,5 Prozent auf 4,5 Prozent reduziert werden. Gleichzeitig steigt der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung von 19,5 Prozent auf 19,9 Prozent. Die Lohnzusatzkosten sollen damit dauerhaft unter 40 Prozent gesenkt werden. Sonstiges Die Nachrüstung von Kfz mit Partikelfiltern soll aufkommensneutral steuerlich gefördert werden. Ab 2008 sollen neue Kfz ohne diesen Standard mit einem steuerlichen Malus belegt werden. Zudem sollen wirksame Anreize für die Einführung hocheffizienter Antriebe durch eine am CO 2- und Schadstoffausstoß orientierte Kfz-Steuer geschaffen werden. Verlängerung der Investitionszulagen in den neuen Bundesländern Die Koalition bekannte sich zur Fortführung der Investitionszulage. Damit keine Förderlücke entsteht, strebt die Bundesregierung bis Ende März 2006 einen mit den Ländern und mit der EU abgestimmten Gesetzesentwurf an. | ![]() | |||||||||||||||||||||||