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Vermietung einer historischen Mühle – Einkünfteerzielungsabsicht trotz Werbungskostenüberschüssen?BFH, Urteil v. 19.4.05, IX R 10/04 (veröffentlicht am 24.8.05) 1. Im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ist die Einkünfteerzielungsabsicht nicht entgegen der auf § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beruhenden typisierenden Annahme, eine langfristige Vermietung werde in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führen, deshalb zu prüfen, weil der Steuerpflichtige die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vermietungsobjekts sowie anfallende Schuldzinsen mittels Darlehen finanziert, die zwar nicht getilgt, indes bei Fälligkeit durch den Einsatz von parallel laufenden Lebensversicherungen abgelöst werden sollen. 2. Allein die historische Bausubstanz eines denkmalgeschützten Wohngebäudes (hier: einer alten Mühle) schließt es nicht aus, dass die am Wohnungsmarkt erzielbare Miete den besonderen Wohnwert angemessen widerspiegelt (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 6. Oktober 2004 IX R 30/03, BFHE 208, 142, BStBl II 2005, 386). A hatte 1980 eine unter Denkmalschutz stehende Mühle (Baujahr 1731) erworben, den Mühlenstumpf zu einer Wohnung ausgebaut und diese ab 1982 vermietet. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten von 409 657 DM sowie Erhaltungsaufwendungen in den Jahren 1986 und 1987 hatte A fremdfinanziert. Seine - nach einer Umschuldung im Jahre 1991 noch verbliebenen - Darlehensverbindlichkeiten i. H. v. 680 000 DM sollten in den Jahren 2006 und 2018 durch die Auszahlung von Lebensversicherungen getilgt werden. - Aus seiner Vermietungstätigkeit erzielte A bislang ausschließlich Werbungskostenüberschüsse. Die im Streitjahr (1993) von ihm erzielten negativen Einkünfte i. H. v. 52 905 DM anerkannte das FA deshalb nicht an. Nach Ansicht des FA spricht das von A praktizierte Finanzierungsverfahren sowie auch die im Vergleich zu üblichen Einfamilienhäusern gegebene besondere Gebäudestruktur gegen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Grundlage für die Entscheidung ist § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Nach dem Regelungszweck dieser Vorschrift ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Stpfl. beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (ständige BFH- Rechtsprechung; vgl. insbesondere BFH, Urteil v. 30.9.1997 IX R 80/94, BStBl 1998 II S. 771; gleicher Ansicht BMF, Schreiben v. 8.10.2004, BStBl 2004 I S. 933). Ausnahmen gelten nur, wenn besondere Umstände gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sprechen. Derartige Umstände haben im Streitfall nicht vorgelegen. Das gilt sowohl für die Finanzierung unter Einsatz von Lebensversicherungen, die im Schrifttum als marktgerechte Finanzierungsart herausgestellt und auch vom Gesetzgeber zur langfristigen Finanzierung eines Mietwohngebäudes akzeptiert wird, als auch für die besonderen räumlichen Gegebenheiten der in einer historischen Mühle errichteten Wohnung. Zwar handelt es sich bei der Mühle um ein typisches Liebhaberobjekt, das A ersichtlich auch wegen seiner spezifischen Eigenart erworben hatte. Allein deshalb ist es aber nicht in einer Weise „besonders gestaltet“, die es ausschließt, dass sich sein Gebrauchswert in der ortsüblichen Marktmiete widerspiegelt (vgl. BFH-Urteil v. 6.10.2004 IX R 30/03. BFH/NV 2005 S. 426). Die historische Bausubstanz eines Gebäudes ist kein Umstand, der gegen die aus § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG folgende typisierende Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht spräche. Denn der Erwerb und die Nutzung eines Baudenkmals wird durch verschiedene Maßnahmen (vgl. BFH, Urteil v. 27.5.2004 IV R 30/02, BFH/NV 2004 S. 1464), die auch A in Gestalt von erhöhten Absetzungen nach § 82i EStDV in Anspruch genommen hat, besonders gefördert und steuerrechtlich begünstigt. | ![]() | |||||||||||||||||||||||