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Studien- und Promotionskosten als Werbungskosten

BFH, Urteil v. 4.11.03, VI R 96/01 (veröffentlicht am 4.2.04)

Kosten für den Erwerb eines Doktortitels können, sofern sie beruflich veranlasst sind, Werbungskosten sein. Sie sind regelmäßig nicht als Kosten der privaten Lebensführung zu beurteilen (Änderung der Rechtsprechung; Anschluss an die Urteile vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BFH/NV 2003, 1119; vom 22. Juli 2003 VI R 50/02, BFHE 202, 563, BFH/NV 2003, 1381).

Eine Krankengymnastin (K) hatte 1998 ein Medizinstudium aufgenommen. Die ihr im Streitjahr 1998 entstandenen Kosten für das Studium - einschließlich der Aufwendungen für den Erwerb des Doktortitels – i.H.v. 6 262 DM machte sie als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Das FA sah ihre Aufwendungen – entsprechend der früheren Rechtsprechung des BFH - als Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG an und ließ deren Abzug nur in Höhe des gesetzlichen Höchstbetrags von 1 800 DM als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) zu.

Dieser Sachbehandlung hat der BFH widersprochen. Er folgt damit seiner neuesten Rechtsprechung, nach der Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen Werbungskosten (bzw. Betriebsausgaben) sein können, sofern sie beruflich veranlasst sind. Liegt ein erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang vor, so kommt es nach Auffassung des BFH für die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen nicht darauf an, ob ein neuer, ein anderer oder ein erstmaliger Beruf ausgeübt werden soll. – Da K das Medizinstudium aus beruflichen Gründen betrieben hat, besteht ein hinreichend konkreter Zusammenhang mit einer späteren Tätigkeit als Ärztin (Fachärztin für Orthopädie). K wollte mit dem -- sachlich auf ihrer Tätigkeit als Krankengymnastin aufbauenden -- Studium die erforderlichen Fachkenntnisse und Fähigkeiten für den angestrebten Beruf erwerben. Die mit dem Studium im Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind deshalb dem Grunde nach als vorab entstandene Werbungskosten (Betriebsausgaben) abziehbar. - Die gleichen Grundsätze lässt der BFH auch für die steuerliche Behandlung von Promotionskosten gelten. An seiner gegenteiligen Rechtsprechung zu dieser Frage (z.B. BFH, Urteile v. 27.3.1991 VI R 52/88, BStBl II 1991, 637; v.9.10.1992 VI R 176/88, BStBl II 1993, 115; v. 18.6.1993 VI R 84/91, BFH/NV 1993, 724) hält er nicht mehr fest. Kosten für eine Promotion können nach seiner Ansicht ebenso wie Aufwendungen für eine berufliche Qualifikation in Form eines Universitätsstudiums zu Werbungskosten führen. Für die Zuordnung derartiger Kosten zu den Erwerbsaufwendungen sei entscheidend, dass ein Doktortitel für das berufliche Fortkommen von erheblicher Bedeutung, sein Erwerb teilweise sogar unabdingbar sei.