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Gewillkürtes Betriebsvermögen auch bei Einnahmeüberschussrechnung

BFH, Urteil v. 2.10.03, IV R 13/03 (veröffentlicht am 3.12.03)

1. Die Gewinnermittlung durch Einnahmeüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) steht der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens nicht entgegen (Änderung der Rechtsprechung; zuletzt: BFH-Urteil vom 7. Oktober 1982 IV R 32/80, BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101).

2. Die Zuordnung eines gemischt genutzten Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen scheidet aus, wenn das Wirtschaftsgut nur in geringfügigem Umfang betrieblich genutzt wird und daher zum notwendigen Privatvermögen gehört. Als geringfügig ist ein betrieblicher Anteil von weniger als 10 v.H. der gesamten Nutzung anzusehen.

3. Bei der Einnahmeüberschussrechung ist die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen in unmissverständlicher Weise durch entsprechende, zeitnah erstellte Aufzeichnungen nachzuweisen.


Eine Zahnärztin ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmeüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Im Anlageverzeichnis zur Gewinnermittlung hatte sie die Anschaffungskosten eines PKW aufgeführt, den sie zu 10 v.H. zu betrieblichen Zwecken nutzte. Die angefallenen Kfz-Kosten zog sie in vollem Umfang als Betriebsausgaben ab, den Wert der privaten Nutzung setzte sie pauschal nach der sog. 1 v.H.-Regelung an. Das FA erkannte neben den Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Praxis nur 10 v.H. der Kfz-Kosten als Betriebsausgaben an, weil die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens bei der Einnahmeüberschussrechnung ausgeschlossen sei. Das FG gab der Klage statt.

Der BFH bestätigte die Auffassung des FG, dass die Zahnärztin den PKW ihrem Betriebsvermögen habe zuordnen dürfen und ihr deshalb der volle Betriebsausgabenabzug zustehe. Der BFH rückt mit dieser Entscheidung ausdrücklich von seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung ab, dass ein Überschussrechner kein gewillkürtes Betriebsvermögen bilden dürfe. Die bisherige unterschiedliche Behandlung von notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen bei den einzelnen Gewinnermittlungsarten sei durch das Gesetz nicht gedeckt. § 4 Abs. 3 EStG ordne keinen anderen Betriebsvermögensbegriff an als § 4 Abs. 1 EStG. Der Ausschluss gewillkürten Betriebsvermögens bei der Einnahmeüberschussrechung widerspreche auch dem aus Art. 3 GG abzuleitenden Grundsatz der Gewinngleichheit.

Die Grenze für die Zuordnung von gemischt genutzten Wirtschaftsgütern zum gewillkürten Betriebsvermögen zieht der BFH bei einer betrieblichen Nutzung von 10 v.H.; bei geringerer betrieblicher Nutzung liegt notwendiges Privatvermögen vor. Die erstmalige Zuordnung zum Betriebsvermögen muss unmissvertändlich dokumentiert sein, z.B. durch die zeitnahe Aufnahme in das betriebliche Bestandsverzeichnis.