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Regierung bessert Steueramnestie nachDie Bundesregierung hat die für 2004 geplante Steueramnestie nachgebessert, um mehr Schwarzgeld zurückzuholen. Einigen geht diese Regelung zu weit. "Insgesamt ist die Sache unheimlich günstig. So soll es auch sein, das Geld soll ja wieder nach Deutschland fließen", hieß es im Finanzministerium. Auch der Kölner Steueranwalt Rolf Schwedhelm sagte: "Das ist jetzt ein sehr schönes Angebot." Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel äußerte sich zurückhaltend. Das Motiv, Kapital zurückzuholen, sei ja nachvollziehbar. Aber für sie sei der Gesetzentwurf nur "ein Vorschlag der Verwaltung, über den wir noch reden müssen". Für den CSU-Bundestagsabgeordneten Hans Michelbach geht der Vorschlag zu weit: "Diese Amnestie ist für den Anständigen ein Schlag ins Gesicht." Aus dem Entwurf für das "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit", der am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden soll, geht hervor, dass nur auf einen Bruchteil des nicht versteuerten Geldes die künftige Strafsteuer gezahlt werden muss. Die Steuer im Falle einer so genannten strafbefreienden Erklärung beträgt 25 Prozent im Jahr 2004 und 35 Prozent bis zum 31. März 2005. Damit wurde die Frist leicht ausgedehnt. Hohe Freibeträge Hat ein Steuerzahler Einkommen- oder Körperschaftsteuer hinterzogen, muss er nicht auf die gesamten Einkünfte die Strafsteuer zahlen, sondern nur auf 60 Prozent. Bei der Gewerbesteuer gilt ein Satz von zehn Prozent, bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind es 20 Prozent, bei der Umsatzsteuer 30 Prozent. Im Bundesfinanzministerium (BMF) hieß es am Dienstag, ohne diese Abschläge wäre der Steuersatz von 25 Prozent "sehr unattraktiv". Bei der Erbschaftsteuer beispielsweise könne der ehrliche Steuerzahler hohe Freibeträge und Bewertungsabschläge in Anspruch nehmen und müsse nur geringe Sätze zahlen. Das müsse bei der Amnestie gleichsam nachempfunden werden, weil sich die Sache für den Betroffenen sonst nicht rechnen würde. Außerdem solle die neue Amnestie ja günstiger sein als die klassische Selbstanzeige nach Paragraf 371 der Abgabenordnung, bei der eine individuelle Nachversteuerung vorgenommen wird. Steueranwalt Schwedhelm findet das Angebot des Ministeriums insgesamt "enorm großzügig". Dass aber zwischen einzelnen Steuerarten differenziert werde, sei nur gerecht. Es sei plausibel, dass ein Steuerhinterzieher, der nur Zinsen kassiert habe, weniger Strafsteuer zahlen müsse als ein anderer, der gewerbsmäßig Schwarzarbeit betrieben habe und das Geld nun in der Schweiz lagere. Auf Einsicht angewiesen Für die Berechnung der Strafsteuer ist nicht entscheidend, wie viel Geld am Schluss noch auf dem Nummernkonto liegt. Schließlich kann der Hinterzieher in der Zwischenzeit viel Geld an der Börse oder im Spielkasino verloren haben. Ausschlaggeben ist vielmehr, wie viel steuerpflichtige Einnahmen er nicht angeben hat und welche Arten von Steuern er hinterzogen hat. Sowohl im Haus von Finanzminister Hans Eichel als auch unter Anwälten wird eingeräumt, dass der Fiskus zunächst auf die Angaben des reuigen Sünders angewiesen ist. Steuerjurist Martin Lausterer von Linklaters Oppenhoff & Rädler weist aber auf das Risiko hin, sich mit falschen Angaben beim Fiskus zu melden: "Sonst kommt nachher der Prüfer und Sie müssen ihm nachweisen, dass die 20.000 Euro, die er später noch gefunden hat, in Ihre Berechnung für die strafbefreiende Erklärung eingegangen sind." Deshalb sagt Anwalt Schwedhelm: "Die Berater werden die Beträge so schätzen, dass sie auf der sicheren Seite sind." Im Ministerium geht man davon aus, dass man mit der Steueramnestie nicht die hartleibigen Hinterzieher in die Ehrlichkeit locken kann, sondern vor allem Sünder, die vor der Entdeckung stehen oder solche, die ihr Schwarzgeld legal verwenden wollen. Das könnte zum Beispiel ein Unternehmer sein, der 100.000 Euro aus der Schweiz in seinen maroden Betrieb stecken muss. Einnahmen bis 2001 betroffen Ein heikler Punkt bei der Amnestie ist die Verjährungsregelung. In der strafbefreienden Erklärung sollen alle Einnahmen der Jahre 1993 bis 2001 angegeben werden, die zu Unrecht nicht versteuert wurden. Die Jahre 2002 und 2003 können noch nicht erfasst werden, weil die Steuerfestsetzung noch offen ist. Wer vor 1993 Steuerhinterziehung begangen, später aber eine strafbefreiende Erklärung abgegeben hat, soll ab 2004 gar nicht mehr verfolgt werden, auch wenn sich später herausstellt, dass seine Erklärung unvollständig war. Im BMF wird diese Nachsichtigkeit so begründet: Wenn man den Steuerhinterziehern das Verjährungsrisiko überlassen würde, hätten diese Angst, sich zu verschätzen und würden sich gar nicht erst melden. Es gebe nämlich Verjährungsunterbrechungen und so genannte Verfolgungshindernisse, beispielsweise dann, wenn der Hinterzieher im Ausland lebte. Durch das Gesetz bekommt die Finanzverwaltung zwar bessere Kontrollmöglichkeiten bei den Banken. Eine Pflicht der Beamten, jede Erklärung eingehend zu prüfen, wollte das BMF aber bewusst nicht ins Gesetz schreiben. Sonst würde sich kein Hinterzieher freiwillig melden. Experten bezweifeln ohnehin, dass die 20 Mrd. Euro Schwarzgeld zurückkommen, mit denen Eichel rechnet. Damit wären aber auch die 5 Mrd. Euro Steuereinnahmen gefährdet. © 2003 Financial Times Deutschland | ![]() | |||||||||||||||||||||||